
Kämpfe um Bazeilles am 01.09.1870
Nachdem sich das K.B. Infanterie-Leib-Regiment in der Festung Germersheim versammelt hatte, ging es ab dem 04.08.1870 nach Überschreiten der französischen Grenze in Gewaltmärschen in Richtung Westen. Seine Feuertaufe erhielt das Regiment am 06.08.1870 bei den Kämpfen um die Höhen von Froschweiler.
Doch plötzlich ein Wechsel der Marschrichtung. Es geht nach Norden! Paris war nicht mehr das vorrangige Ziel. Der französische Marschall Mac-Mahon rückte mit der Châlons-Armee auf Metz zu, um dort eingeschlossenen Truppen von Marschall Bazaine zu entsetzen. Als dies nicht möglich war zog sich die Châlons-Armee zurück und machte in Sedan zur Reorganisation halt. Südlich der Festung Sedan befindet sich die Ortschaft Bazeilles.
Am 31.08.1870 bezog das K.B. Infanterie-Leib-Regiment Biwak bei Allicourt. Am selben Tag versuchten Soldaten des 4. K.B. Jägerbataillons Bazeilles zu besetzen. Nach heftiger Gegenwehr durch französische Kräfte zogen sich die bayerischen Soldaten aus der Ortschaft zurück, um mit Verstärkung zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Versuch zu probieren. Zeitgleich mit der Planung des erneuten bayerischen Angriffs war die französische 2. Marine-Infanterie-Brigade in den Ort eingerückt und richten sich zur Verteidigung ein.
Am 01.09.1870 war das Gros des K.B. Infanterie-Leib-Regiments ein Teil der Verbände des I. Bayerischen Armeekorps, die Bazeilles nun zügig einnehmen sollten. Ab 5 Uhr morgens rückten die Kompanien des K.B. Infanterie-Leib-Regiments sichelförmig gegen Bazeilles vor. Das 1. Bataillon von Osten, das 2. Bataillon von Südosten und das 3. Bataillon von Südwesten. Dem 3. Bataillon waren die 11. Und 12. Kompanie entzogen, dessen Auftrag die Deckung von Artillerieeinheiten und des Trains war. Die 5. Kompanie war zur Bewachung französischer Kriegsgefangener detachiert.

Das 1. Bataillon kämpft sich anfänglich durch dichtes Gestrüpp, um seinen Gefechtsauftrag durchführen zu können. Die 4. Kompanie besetzt dabei glücklich die Villa Beurmann am linken Rand des Monvillers Park. Während die 1. – 3. Kompanie ihr Vorgehen in den Park des Schlosses Monvillers fortsetzen, werden sie von überraschten schnell herbeigeführten gegnerischen Kräften in heftige Kämpfe verwickelt. Bei diesen Kämpfen wird ein vor-rückender Zug der 3. Kompanie aus einem Gebäude, das mit einer Fahne des Roten Kreuz gekennzeichneten war, von hinten beschossen. Sergeant Wetzstein dringt mit seinen Soldaten in das Gebäude ein, entwaffnet ca. 30 französische Soldaten und nimmt diese gefangen. Der hinhaltende Schusswechsel mit den französischen Verteidigern geht bis 10 Uhr, dann sind die ‚Leiber‘ des 1. Bataillons verschossen und werden von Truppen der 4. Brigade abgelöst, die die Stellungen der Bayern für das weitere Vorgehen nutzen.
Das 2. Bataillon kann anfänglich auch ohne französische Gegenwehr in den Ort eindringen. Doch stößt dann auf schnell alarmierte gegnerischen Widerstand. Beim Einrücken auf die Hauptstraße wird die 6. Kompanie von massiven Feindfeuer überrascht. Mit Unterstützung zweien schnell herangeführten Geschützen soll ein erneuter Vorstoß erfolgen, der aber blutig abgeschlagen wird. Die Geschützbedienungen werden durch gezieltes französisches Feuer außer Gefecht gesetzt. Die französische Gegenwehr erfolgt hauptsächlich aus den am Ende der Hauptstraße stehenden kleinen Schlösschen. Um die ohne Mannschaft dastehenden Geschütze, die zwischenzeitlich Ziel einzelner französischer Schützen und in Gefahr sind vom Feind erobert zu werden, zu bergen, sammelt Korporal Geran (7. Kompanie) Soldaten der 7. und 8. Kompanie. Es gelingt ihnen trotz des starken Feindfeuers beide Geschütze in Sicherheit zu ziehen, bevor der Feind zu einem Gegenstoß ansetzt. Weitere Vorstöße der ‚Leiber‘ gegen das Schlösschen bleiben im Feindfeuer liegen, bis Leutnant von Ehrne ein Haus in Brand setzen lässt, um nun im Schutze des Rauches erneut mit Erfolg vorzustürmen. Da sich die bayerischen Soldaten inzwischen verschossen haben, wird der nun folgende Häuserkampf mit den Bajonetten geführt. Das zum Schutz der eigenen Truppe durch die ‚Leiber‘ entzündete Feuer breitet sich im Ort aus und führt zu massiven Verwüstungen. Gegen 11 Uhr wird das 2. Bataillon aus den Kämpfen herausgezogen.
Beim 3. Bataillon beginnt das Gefecht wie bei den anderen Bataillonen des K.B. Infanterie-Leib-Regiments. Nachdem am Ortsrand anfänglich keine französische Sicherung vorgefunden wird, stoßen die ‚Leiber‘ auf Barrikaden, die von den überraschten französischen Marineinfanteristen schnell besetzt werden und sofort eine starke Gegenwehr entwickeln. Die französischen Soldaten haben die Gebäude massiv befestigt und sind so schwer zu werfen. Die 9. Kompanie stößt auf eine Mitrailleuse (MG)-Batterie und muss in die Verteidigung übergehen. Die 10. Kompanie wird herangezogen, um das Vorgehen der Schwesterkompanie zu unterstützen. Beide Kompanien gehen dann im Verbund mit dem K.B. 2. Infanterieregiment weiter vor. Um 9:30 Uhr erfolgt die Herausnahme der beiden Kompanien, da sie sich verschossen und hohe Verluste haben. Von der 9. und 10. Kompanie sind bei diesem mehrstündigen Gefecht fast alle Offiziere gefallen.
Am Ende der Kämpfe machen Gerüchte über ungerechtfertigtes Eingreifen von Zivilisten auf französischer Seite in die Kampfhandlungen die Runde.
Die 11. Kompanie, die zum Schutz von zwei Batterien westlich und östlich von Bazeilles detachiert wurde, teilte sich je zu Hälfte auf, um das Vorfeld jeder der beiden Artillerieeinheiten sichern zu können. Hierbei zeichnete sich das Detachement unter dem Kommando von Unterleutnant Manz bei der Batterie Hutten besonders aus. Zweimal zwang er durch geschicktes Vorgehen und gezieltes Gewehrfeuer feindliche Batterien das Feuer auf die eigene Artillerie einzustellen und somit den Schutz der ihm anvertrauten Artilleristen zu sichern.
Nach einer kurzen Verschnaufpause und Zuführung von Munition unterstützt das K.B. Infanterie-Leib-Regiment das II. Bayerische Armeekorps beim Vorstoß gegen Balan, wo französische Kräfte den deutschen Einschließungsring um die Festung Sedan durchbrechen wollen. Hierbei führt der Regimentskommandeur, Oberst von Taeuffenbach, seine Soldaten an der Spitze des 2. Bataillons.
Heinrich Berger
Zur Erstellung dieses Beitrags wurden die von Franz Illing verfassten Bücher Die Geschichte des Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments von der Errichtung bis zur Rückkehr aus dem Feldzuge 1870/71 (München 1881) und Die Geschichte des Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments von der Errichtung bis zum 1. Oktober 1891 (Berlin 1892) als Quellen verwendet.